Das Bekenntnis des Schriftstellers Günter Grass zu seiner Mitgliedschaft in der Waffen-SS erregte weltweite Aufmerksamkeit. In seiner Autobiographie, ,,Beim Häuten der Zwiebel" konfrontiert er uns zum ersten Mai mit seiner Mitgliedschaft in dieser kriminellen Organisation, die er immer kritisiert hat. Warum gesteht er erst jetzt seine Vergangenheit? Der Autor antwoitet, dass der Grund in seinem neuesten Werk steht.
Zweideutigkeit und Ungenauigkeit kennzeichnen den Charakter der Autobiographie. Obwohl viele Kleinigkeiten noch sehr wichtig sind, enthält die Autobiographie manche sachliche Fehler, oder sogar Erfindung. Günter Scholl, ein alter Freund von Grass in der Düsseldorfer-Zeit, verleugnet die Anekdote über das Zusammenspiel mit Louis Armstrong entschieden. Die Erinnerung des Autobiographen über seine zufällige erste Feindberührung ist auch missverständlich. Nach der Nachforschung von Andreas Kottwitz, einem Spremberger Heimatgeschichtler, weichen räumliche Beschreibung der Autobiographie und Ortsnamen von der Wirklichkeit ab. Grass meint, dass er sich ohne Dokument auf keine klare Erinnerung verlassen könne. Mit Hilfe der Metaphern Zwiebel und Bernstein formuliert er seine Unsicherheit bezüglich der Erinnerungen. Im Interview von Ulrich Wickert äußert Grass, dass der Schwerpunkt seiner Autobiographie eher auf persönlichen Erinnerungen als auf Genauigkeit liegt.
Die Unklarheit bei der Erinnerung wird mit der Form des ,,doppelten Ichs" von Grass gezeichnet. Die Verdoppelung des Erzählers ist aber keine Besonderheit dieser Autobiographie. Schon in der "Blechtrommel" kann man eine derartige Verdoppelung finden. Mit einigen Ausnahmen beinhalteten auch der "Blechtrommel" folgende Werke jene vielsichtige Erzählstruktur. Das Neue in der Autobiographie ist die Bewusstheit der Willkürlichkeit, der bewussten willkürlichen Darstellung. Auch wenn der Verfasser auf das Erzählen der Wirklichkeit zielt, will die Erzählung immer ,,den krummen Weg" gehen; wenn man seine eigene Vergangenheit erzählt, kann man die Erfindung nicht vermeiden, weil eine Erzählung wesentlich willkürlicher ist. Unabhängig davon, dass es sachlich sein soli, schreibt man aus seiner eigenen Perspektive. Deshalb erzählt Grass eben sein wirkliches Leben bewusst durch die zweideutige Erzählstruktur.
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