1. Fur Hugo von St. Viktor bedeutet der Akt des Philosophierens den Aufstieg des menschlichen Geistes zum Prinzip, d. h. den Schritt vom Sichtbaren zum Unsichtbaren, vom Entsprungen zum Ursprung. Die Weisheit des unsichtbaren Seins wird am klarsten in sichtbarer Schonheit manifestiert, und so kann der menschliche Geist zum Ursprung der Schonheit nicht vordringen, ohne durch die sinnliche Schonheit vorher erregt und bereichert zu sein. 2. Nach Hugos Ansicht ist das Naturschone das Symbol der unsichtbaren Schonheit oder das Buch, in dem die Weisheit des unsichtbaren Seins aufgeschrieben wird. Daher betrachtet er die Natur als Glan zdes unsichtbaren Lichts, namlich, theophania. Bei Genuss des Naturschonen durch den Sinnen den Horens und Sehens, denen Hugo den Vorrang vor den anderen Sinnen zugeschrieben hat, erinnert sich der geistige Mensch zuweilen an die unsichtbaren Guter, und dabei erwacht im Innern seines Herzens dis unbeschreibliche Sehnsucht nach dem Ursprung der sichtbaren Schonheit. Das Vordringen des Geistes zum Ursprung ist nichts anderes als sein Streben nach Imitation der idealen, absoluten Schonheit. 3. Vermittels sich selbs als geistiges Sein erkennt der Mensch die sichtbare Schonheit als Symbol der unsichtbaren, und indem er durch das in sich selbst eingepflanzte Licht auf die Quelle des Lichts zuruckblickt, determiniert er den Wertrang des Schonen. Man kann also Quelle des sagen, dass die Quelle des Lichts das Prinzip, d. h. Kriterium des Werturteils ist, und dass die Gewissheit des Urteils dem Grad der Imitation des Absoluten entspricht. In Wahrheit manifestiert die echte Schonheit sich nur in einer schonen Seele.
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