In diesem Aufsatz möchte ich mich mit der Frage beschäftigen, wie die Kunsterziehung nicht als ein technisches Fach, sondern als ein "künstlerisches" Fach in der Weimarer Zeit entstanden ist. Dabei geht es um den ideologischen, philosophischen und kunsthistorischen Voraussetzungen, womit die Zeichenlehrer die eigene Praxen und Theorien begründet haben. Durch den folgenden Versuch, den Überblick der Kunsterziehung in Weimarer Republik zu bekommen, soll sich erweisen, dass man drei Phasen unterscheiden kann. 1. Die Begründungsphase der neuen Kunsterziehungslehre nach dem ersten Weltkrieg: 1919 1923. 2. Die Entstehungsphase der Kunsterziehung als "Kunstfach": 1924 1927. 3. Der Aufschwungsphase der Gestaltungslehre, besonders der "Britsch-Theorie": 1928 1933. Die vertretende Kunsterziehug in der 1. Phase war der von G. Hartlaub beeinflusste "musische Expressionismus" (G. Kolb, E. Heckmann, Ch. Natter), wo man es als ein Grundprinzip ansehen kann, das eigene Erlebniss des Kindes frei und bildhaft zeichnen und malen zu lassen. Auch in der 2. Phase war diese Kunsterziehungslehre zwar noch überwiegend und durch die "Neuordnug des preußischen höheren Schulwesens" von H. Richert berechtigt wurde. Aber die neue Tendenz trat zugleich langsam in den letzten Jahren der Phase in den Vordergrund. Das heisst, der Grundgedanke des "musischen Expressionismus also", Wachsenlassen" und Ausdruck von Erlebnis des Kindes, wurde von Th. Lipps und den Erziehern kritisiert, die Formgestaltung und "Führung" im Unterricht als wichtiger hielten. In der 3. Phase kann man feststellen, dass die Kritik gegen dem "musischen Expresionismus" immer noch heftiger wurde und die Britsch-Theorie die herrschende Position gewann. Sie behauptete die allgemeingültige Entwicklungslinie der Formgestaltung und verstand es unter Erziehung, Kinder in der bestimmten Entwicklungsstufe der Formgestaltung bleiben zu lassen. Im Grunde bot sie der NS-Bildungspolitik eine theorestische Unterstützung an.
Aus der historischen Untersuchung über den Wandel der Kunsterziehung in der Weimarer Republik kann man die Dichotomie der Kunsterziehung herausnehmen, die sich noch jetzt als eine Grundfrage ansehen lässt: Ausdruck v.s. Form (oder Gestaltung), Wachsenlassen v. s. Führen. Aber die Dichotomie führt nur zur Sackgasse und leider nicht zur produktiven Theorie. Am Schluss biete ich eine Hypothese an, daß man den "musischen Expressionismus" und die aus dem Bauhaus stammenden konstruktivistischen Kunsterziehungslehre, anders als die damalige Interpretation, als "Symbolistischen Expressionismus" bezeichnen kann. Mit dieser Bezeichnung könnte man eine neue ästhetische Bildung konzipieren.
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