Ein Kunstforscher Japans, Kenji Moriya (1898-1972), beschreibt im Aufsatz Kunstgeschichte als Geschichte des Kunstgenusses (1959) eine ganze Reihe der Bewunderer Raffaellos von Paolo Giovio (1483-1552) und Giorgio Vasari (besonders in Le vite von 1568) uber Giovanni Pietro Bellori (c.1615-1696) bis den Nazarenern des 19. Jahrhunderts. Bellori lobt im Traktat Le vite de'Pittori, Scultori et Architetti moderni (1672) 'den gottlichen Raffaello (i1 diuino Raffaelle)', aber kritisiert die Architekten des Barock, Borromini und Guarini, wegen der 'Neuheit (nouita)', weil Bellori auf Vitruvs klassische Kunstanschauung zuruckgeht; in De architectura (VII, 5) tadelt Vitruv die neue Geschmacksrichtung an der Wandmalerei. Christoph Scheurl (1481-1542) zitiert schon 1509 in seinem Brief an Lucas Cranach, 'den geistreichen, schnellen und vollendeten Maier (pictorem ingeniosum, celerem absolutumque)', vieles aus den Anekdoten der antiken Maier als Argument der Lobrede; denn der Meister ist mit hochberuhmten Vorgangern zu vergleichen und etwa 'den zweiten Apelles' zu nennen. Ein Topos sei etwas Anonymes und die Toposforschung gleiche der 'Kunstgeschichte ohne Namen' im Gegensatz zur Geschichte der einzelnen Meister, so sagt Ernst Robert Curtius. Heinrich WolfHins 'Kunstgeschichte ohne Namen' bezeichnet die Absicht, etwas zur Darstellung zu bringen, das unter dem Individuellen liegt. Die Lobrede auf den Kunstler ist also keine Aussage der einzelnen Tatsachen, sondern die allgemeingultige Argumentation fur sein Talent.
|