Der Satz vom Primat der Aussenpolitik ist Leopold von Ranke standig ein Kerngedanke der deutschen Geschichtswissenschaft gewesen und geblieben, wenigstens bis in die jungste Zeit. Und uber die historische Forschungsgebiet hinaus spielte der Grund-Satz als Stutze eines Machtstaatsgedankens auch fur die politische Ideologie des deutschen Nationalismus eine fuhrende Rolle. Jene Katastrophe aber, die Deutschland nach den Jahren des tollen Kriegs traf, hat notwendigerweise zur Revision der bisherigen historisch-politischen Gedanken gefuhrt. Man kann wohl sagen, dass die grosse Problematik der bisherigen deutschen Geschichtswissenschaft, der das obengedachte Prinzip seit Ranke fortwahrend zugrunde lag, auch in Meineckes Gedanken bestanden. Denn er war ohne Zweifel einer der grossten Nachfolger und Vertreter der Rankeschen geschichtswissenschatlichen Grundeinstellung. Anderseits ist es nicht zu ubersehen, dass das Individualitatsprinzip auch Meineckes Denken richtgebend bestimmte. An dem Prinzip knupfte sich alles, was Meinecke lieb und teur war in seiner Betrachtung der geschichtlichen Welt. Es muss hier die Frage gerichtet werden, wie er auf Grund des Satzes vom Primat der Aussenpolitik den Gedanken der Individualitat, besonders denselben der individueller, ziviler Freiheit, entwickelte. Von einem solchen Aspekt her stellt sich die Beziehung von Individiuum und Machtstaat bei Meineckes politischer Idee.
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