Diese Arbeit befasst sich mit Friedrich Schillers Suche nach der „Bestimmung des Menschen" und der Entstehung seiner ästhetischen Bildungskonzeption. Es geht dabei um Schillers Auseinandersetzung mit der Frage: wie kann der Mensch in der realen Welt nach eigenem Willen autonom denken und handeln, obwohl er sowohl durch die innere Natur, als auch durch die äußere Natur beschränkt und bestimmt ist? Und wie kann man die Menschen zur Freiheit auffordern?
Im ersten Abschnitt behandle ich das Medizin-Studium des jungen Schiller an der Stuttgarter Karlsschule. Das ist die Phase, in der Schiller sein fundamentales Anliegen gefunden hat. Als Anthropologe versuchte er, Problem der Integration des Dualismus von Leib und Seele empirisch zu lösen und so fragte nach dem Zusammenhang von Körper und Geist. Dabei ist seine Anthropologie keineswegs idealistisch. Sondern als Arzt fand der junge Schiller durch die empirisch gewordene Menschenforschung des 18. Jahrhunderts ein tendenziell eher mechanistisches Menschenbild. Es handelt sich um die Tatsache, dass die äußere und innere Natur des Menschen seine geistige Tätigkeit beeinflusst. Der Gedanke der Heteronomie des Geistes war eine massive Erschütterung für Schiller. Schiller wurde in den Konflikt gebracht, zwischen der metaphysischen, religiösen Menschen-Auffassung und der realistischen, anthropologischen, auf dem Körper basierte Menschen-Auffassung. Anders gesagt, die Diskrepanz zwischen Sein und Sollen oder zwischen der mechanistischen und dem organologischen Menschen-Verständnis war ihm bewusst. Und Schillers Bemühen nach diesem Medizin-Studium kann durch den Versuch dargestellt werden, diese zwei Pole zu vereinigen und nach Freiheit zu suchen.
Seine nächste Phase als Historiker hat ihm aber eine Lösung dieses Problems gegeben. Meine These dabei ist, dass Schiller durch seine Geschichtsforschung in der kulturellen Entwicklung der Menschheit den Beweis der menschlichen Fähigkeit gefunden hat, mit eigenen Kräften zur Freiheit überzugehen. Schiller deutete in seinen Geschichtsstudien die Möglichkeit an, dass der Mensch sich von der kausalen Kette von tierischer und geistiger Natur losreißen kann. Außerdem hat die Auseinandersetzung mit der Geschichte Schiller ein neues Verständnis über die Bestimmung des Menschen gegeben, die nicht mehr mit Metaphysik verbunden ist. Das Ziel des menschlichen Lebens liegt jetzt nicht mehr in der Gottgleichheit, sondern in der geschichtlichen Entwicklung der Menschheit. Das heißt, Vervollkommnung des einzelnen Menschen wird nun von Schiller als Projekt der Vervollkommnung der Menschheit gedacht. Dabei geht es um die Frage, wie kann der einzelne, beschränkte Mensch nach der Vollkommenheit streben? Diese Frage führt zur Bildungsidee. Die hat mit der Art und Weise zu tun, wie man diese Bestimmung des Menschen und der Menschheit erfüllen kann. In Schillers Idee der Geschichtsphilosophie sieht man auch seine Bildungskonzeption, durch seine Schriften den Lesern oder dem Publikum einen Anlass zu geben, sie zur Freiheit hinzuführen.
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