Im Forschung Kafkas ,,der Bau" lassen sich vielfältige Ansätze in unterschiedlichen Mischformen ausmachen. Mit dem autobiographischem Deutungsansatz, der eine hervorragende Stellung in der Sekundärliteratur einnimmt, stellen Forscher der Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen der Erzählung und Kafkas eigner Biographie und schriftstellerischer Eigenart fest, z.B. die Zischen im Bau wurden oft als Andeutung Kafkas Lungentuberkulose aufgefaßt, oder mit der werk-biographische Herangehenweise Politzer versuchte die Topographie Kafkas sämtlichen Werke aus ,,der Bau" zu entwerfen. Der existenzialistisch-philosophischen Ansatz gilt der Bau als Vorstellung des allgemeinen menschlichen Wesens, wie Emrich und Sokel unterstreichen. Die Formanalytische Methode gewährt der Erforschung der Narrativität. Forscher wie Henel und Cohn haben mit der strukturalistischen Literaturanalyse auf mikroformaler Ebene beschäftigt, die darauf insistiert, der Bedeutung der sogenannten ,,Eigensinnigkeit" (die Reduktion der Erzählerperspektive) bzw. narrativen Temporalität, vor allem unterschiedliche Präsensformen. Die Interpretationsvielfalt in dieser Forschungsliteratur zu Kafkas ,,der Bau" anregt die Vieldeutigkeit von Text.
,,Der Bau" scheint derart geschrieben zu sein, daß er nicht dem Leser eine einzig definierbare semantische Substanz darbietet. Daher versuchte ich im Aufsatz eine Formanalyse über die Zeitstruktur von ,,der Bau", im Standpunkt von W. Isers Rezeptionsästhetik. Damit an das Konzept der ,,Unbestimmtheitsstellen" von Roman Ingarden, hat Iser die Begriff ,,Leerstelle" gemacht, an den ist der Leser gefordert, dass er die Textsegmente in eine Beziehung zueinander setzen, damit der kreativen Tätigkeit des Lesers immer mehr Raum gegeben.
Bei der Analyse verstehe ich, daß die Kraft der Leerstellen, die den Leser bei der Zeiterkenntnis der Erzählung hindern, spielt eine wichtige Rolle in der zusammenfassenden Interpretation. Es gibt eine Möglichkeit, daß man die (Un-)Lesbarkeit von Text mit der Darstellung des dynamischen Lesensakt von der Rezeptionsästhetik unter einem anderen Gesichtspunkt sehen kann.
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