Nur aus dem Ziel des Lebens kann das der Erziehung abgeleitet werden, aber dies Ziel des Lebens vermag die Ethik nicht allgemeingultig zu bestimmen. Dies kann schon aus der Geschichte der Moral erkannt werden. Derselbe Schluss kann aus der psychologischen Analyse abgeleitet werden. Da wir ein metaphysisches welterklarendes Prinzip von unbestrittener Geltung nicht besitzen, so konnen Prinzipien des sittlichen Lebens nur aus den lebendigen Regungen und Trieben abstrahiert werden, dergleichen die Sympathie, das Streben nach Vollkommenheit und Gluck und das Gefuhl der Verpflichtung in gegenseitigen Bindung sind. Aber die begriffliche Fassung diesen Antriebe und die Verbindung der so entstehenden Formeln zu einem Ganzen ist immer eine Interpretation derselben, und eine solche Interpretation ist stets als ein ethisches Ideal oder System historisch bedingt oder begrenzt. Dasselbe lasst sich endlich noch tiefer erkenntnistheoretisch begrunden. Das sittliche Urteil, die Verurteilung einer Handlung ist niemals in dem Sinne allgemeingultig, in welchen ein logischer oder ein mathematischer Satz es sind, sondern vielmehr entweder ein Gefuhl, ein Willensregung, welche sich in von den umgebenden Willen ausgeht. Dilthey behauptete, dass nur in dem Seelenleben selber eine Teleologie aufgesucht werden konnte, deren Ausdruck jeder allgemeingultige Satz uber den Zweck des Lebens und jede solche Regel des Handelns schliesslich sein muss. So hat sich uns die Moglichkeit einer allgemeingultigen Padagogik ergeben; in der Vollkommenheit der Vorgange und ihrer Verbindungen, die in der Teleologie des Seelenlebens verbunden sind, hat sie eine sichere allgemeingultige Unterlage; in der Deskription, der Analysis und Regelgebung vermag sie den Charakter strenger Sicherheit zu erreichen.
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